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Können unagile Unternehmen die Zukunft überleben?

© 2025 Adam M. SkafiScrum-Exzellenz.de

Der Status quo: Die Realität der agilen Transformation

Agilität ist in vielen Unternehmen ein dominierendes Diskussionsthema – die tatsächliche Umsetzung bleibt jedoch häufig halbherzig, widersprüchlich oder rein methodisch geprägt. Ein Großteil der Organisationen bewegt sich in einem Zustand, den man als hybrides Dilemma beschreiben kann: agile Methoden werden eingeführt, während die alte hierarchische Logik nahezu unangetastet bleibt [1].

Studien zeigen deutlich, dass 42 Prozent der Unternehmen auf hybride Organisationsmodelle setzen, in denen agile Teams in einem weiterhin klassisch geführten Umfeld arbeiten [2]. Vollständig agile Organisationen sind vor allem in großen und etablierten Unternehmen selten. Das Ergebnis ist häufig ein Kulturkonflikt: schnelle, selbstorganisierte Teams treffen auf langsame, genehmigungsorientierte Führungsstrukturen.

Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) scheitern oft schon am Einstieg in die Agilität. Gründe sind systemischer Natur: mangelnde Unterstützung durch die Führung, eine nicht passende Unternehmenskultur, hoher Zeitdruck sowie fehlende Kapazität, um grundlegende Veränderungen überhaupt anzugehen [3]. Es gilt der einfache Satz: Man kann nicht agil werden, wenn man vollständig im Tagesgeschäft gefangen ist.

Meine Einschätzung: Das Problem liegt nicht in der Methode, sondern in der fehlenden Konsequenz. Agilität verlangt einen kulturellen Sprung – und viele Unternehmen scheuen diesen Schritt, weil er Machtstrukturen verändert. Das Resultat ist ein ineffizientes, inkonsistentes Hybridmodell.


Überlebenschancen unagiler Unternehmen: Die zunehmende Gefahr

In einer von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität geprägten VUKA-Welt wird mangelnde Agilität zu einem strategischen Risiko. Organisationen, die weiterhin auf starre Steuerungsmodelle setzen, verlieren strukturell an Wettbewerbsfähigkeit [4].

Langsame Reaktionszeiten (Time-to-Market)

Hierarchische Unternehmen treffen Entscheidungen über mehrere vertikale Ebenen. Während agile Wettbewerber innerhalb weniger Wochen reagieren können, benötigen unagile Organisationen Monate oder sogar Quartale.

Geringere Innovationsfähigkeit

In einer Kultur ohne psychologische Sicherheit und mit ausgeprägter Fehlervermeidung entstehen keine Experimente, keine Hypothesentests und keine disruptiven Ideen. Innovation erfordert Mut – ein starres Umfeld verhindert ihn systematisch.

Sinkende Mitarbeitermotivation

Qualifizierte Talente – insbesondere junge Fachkräfte – suchen Autonomie, Sinnhaftigkeit und Gestaltungsspielraum. Mikromanagement, starre Prozesse und fehlende Selbstorganisation führen zu Frustration, Demotivation und steigender Fluktuation.

Überholungsrisiko durch agile Wettbewerber

Unternehmen, die keinen agilen Kern aufbauen, verlieren langfristig an Relevanz. Start-ups und Nischenanbieter dringen mit hoher Geschwindigkeit in Märkte ein, in denen traditionelle Anbieter vor allem aufgrund ihrer langsamen Anpassungsfähigkeit ins Hintertreffen geraten.

Fachleute sind sich einig: Nicht die Frage, ob unagile Unternehmen heute existieren können, ist entscheidend – sondern ob sie in einigen Jahren noch wettbewerbsfähig sind [4].


Die besondere Herausforderung in Deutschland

Die deutsche Wirtschaft ist geprägt von starken mittelständischen Strukturen, Ingenieurskunst und Perfektionsanspruch. Diese Stärken werden jedoch schnell zur Schwäche, wenn sie in starre Organisationsmodelle eingebettet bleiben.

Viele Unternehmen implementieren Agilität nur in Teilbereichen, etwa in der IT oder Produktentwicklung. Die Gesamtorganisation verbleibt jedoch in klassischen Hierarchien, was den Nutzen der agilen Arbeitsweise massiv einschränkt [2, 3].

Die zentrale Realität lautet:
Agilität ist keine Modeerscheinung, sondern eine Antwort auf steigende Komplexität und Marktvolatilität.

Unternehmen, die kulturellen Wandel ablehnen und sich nur oberflächlich mit agilen Methoden schmücken, werden durch ihre veralteten Strukturen ausgebremst. In einer zunehmend beschleunigten Wirtschaft verlieren sie damit die Grundlage, um langfristig zu bestehen.


Quellen

[1] Schuchert, J.; Altrichter, S. (2020): Agile Organisationsentwicklung: Frameworks, Mindset, Leadership. Springer Gabler.
[2] Digital.ai: State of Agile Report.
[3] ResearchGate: Qualitative Studien zum Scheitern agiler Initiativen in KMU.
[4] VDMA: Wettbewerbsfähigkeit und Agilität in der Industrie.
[5] Koudounaris, S.; Poulos, J. (2018): Strategic Agility and Organizational Performance. International Journal of Financial Studies.